Am Wiemannsbuchtschacht bei Bad Grund
Wir verlassen den Medingschacht bei Silbernaal in nordwestlicher Richtung. Der Weg führt uns weiter auf der
"Harzhochstraße" (B 242) immer näher nach Bad Grund - die älteste der
sieben Oberharzer Bergstädte. Die Fahrt ist nur kurz: Nach etwa einem Kilometer
ab dem Straßenabzweig nach Wildemann und Lautenthal erreichen wir den
"Taternplatz"- früher
Roma-Lagergebiet, heute ein reichlich genutzter Wanderparkplatz und wichtiger
Knotenpunkt für Mountainbiker und Start für Wintersportler. Vom Parkplatz auf
der linken (südlichen) Straßenseite geht parallel (und unterhalb) der
Harzhochstraße - der bisherigen Fahrtrichtung folgend - ein bequemer Wanderweg
zur "Wiemannsbucht". Diese könnte man als flacher "Talkessel"
eines kleinen Hochtales östlich von Bad Grund beschreiben. Manche sehen hierin
das "Tor zum Oberharz".
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Abb.1 : Nicht zu übersehen: Informationstafel am
Schulte-Stollen |
Bereits nach ca. 700 m liegt linkerhand an einer
Wegegabelung das westl. Mundloch des "Schulte-Stollens" hinter einer
auffälligen Informationstafel. Morsche Bohlen und stark korrodierte Gleise
im Stollen und im Gerinne lassen das Alter der Auffahrung (1834 bis 1838)
erahnen. In unmittelbarer Umgebung zeigen sich weitere, zerfallene Komponenten
des Wasserlaufsystems, das als "Grunder Gefälle" die drei wichtigsten
Schachtanlagen des Erzbergbaus in Bad Grund versorgte. Auch dieses System ist
Bestandteil des "Oberharzer Wasserregals.
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Abb. 2: Überreste der Tretanlage („Tretwerk“)
vor dem Mundloch |
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Abb. 3: Ab hier geht’s wieder unterirdisch weiter. Rechen
und Betonröhre |
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Abb. 4: Blick hinein in den vergitterten Schulte-Stollen |
Wir folgen dem Wanderpfad, der den Spuren nach auch von
Mountainbiker und Quad-Fahrern ausgiebig genutzt wird, nach Süden, um hinter
einer überwachsenen Halde rechts auf die Waldlichtung zu treten. Unscheinbar ragt links alsbald das kleine
stählerne Fördergestell des Wiemannsbuchtschachtes aus den Baumkronen. Zusammen mit dem in Teil 1 genannten Medingschacht bildete er die markantesten Tagesanlagen
der Grube Bergwerkswohlfahrt im ehemaligen "Ostfeld" auf dem
Silbernaaler Gangzug.
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Abb. 5 : Fördergerüst Wiemannsbuchtschacht |
Ab dem 1. Weltkrieg wurde der Schacht in mehreren Perioden
bis auf ca. 762 abgeteuft. Der ehemalige Blindschacht wurde nicht zuletzt durch
die Produktionsverlagerung vom Medingschacht weiter nach Westen von oben als
Tagesschacht ausgebaut. Von der Schachtröhre mit bis zu 4 m Durchmesser führen
17 Sohlenabgänge ins Abbaufeld.
Am Beginn der 1970'er-Jahre erfolgte der Umbau des Schachtes
zu einem reinen Bergeförderschacht mit Einbau einer Skipanlage bei
gleichzeitiger Erhöhung der Fördergeschwindigkeiten. Die Berge wurden auf der
benachbarten, heute größtenteils begrünten Halde abgeschüttet.
Nutzen Sie die Gelegenheit, das Gebiet rund um den
Wiemannsbuchtschacht zu erkunden und sich von der ruhigen, fast intimen und überaus
großartigen Szenerie überwältigen zu lassen. Selten habe ich so idyllisch
liegende Tagesanlagen eines stillgelegten Bergbaubetriebes gesehen wie hier. Das
Gelände befindet sich in Privatbesitz; respektieren Sie bitte die Rechte der
Grundstücksnutzer.
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Abb. 6 : Tagesanlagen |
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Abb. 7: Bergehaldenbereich nördlich des Areals |
Vielleicht ist es mit der Ruhe in der Wiemannsbucht bald
vorbei. Erst vor wenigen Wochen ging (nicht nur) durch die lokale Presse ein Plan
zur Errichtung eines unterirdischen Pumpspeicherwerkes im Grubengebäude um die
Schachtanlage in der Wiemannsbucht:
Hierzu müsste der zubetonierte Schacht wieder geöffnet und
die Strecken "gesäubert" bzw. ausgebaut werden. Wird das bis 200
Millionen Euro teure Vorhaben umgesetzt, so gelangt
etliches Material davon bestimmt auf die Halde; Gesteins-
und Mineralsammler wird es freuen. Angetroffenes Erz soll wirtschaftlich genutzt
werden: Erzfunde oder ähnliches "genießen Vorrang und würden
abgebaut“, sagte Schmidt (EFZN). Es bliebe allerdings zu klären, ob und wo das
Erz aufbereitet werden soll. Das naheliegende Zentrum der ehemaligen
"Grube Hilfe Gottes" rund um den Achenbachschacht liegt brach und ist
dem stetigen Zerfall freigegeben.
Das Projekt klingt, finde ich, auch technisch sehr
interessant. Leistungen von bis 400 MWh und Pegelabstände bis 900 m zwischen
Ober- und Unter"becken" sind untersucht worden. Bleibt zu hoffen,
dass das Vorhaben realisiert wird. Der
ehemaligen Bergstadt Bad Grund, die nach Einstellung des Erzbergbaus im Harz
außer Tourismus, Kurwesen und vielleicht noch Kalksteinabbau am Winterberg
keine sonderliche Einnahmequellen mehr zu verzeichnen hat, wäre dieses zu
wünschen, würden so die Sorgen vor dem endgültigen Niedergang weichen. Auch Mineralsammler
hätten wieder einen Grund öfters in den Harz zu fahren.
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