Von der Bleihütte Clausthal zum Medingschacht bei Bad Grund
Wir verlassen Clausthal im Oberharz in westlicher Richtung auf der B 242 (auch: "Harzhochstraße", später: "Hüttenstraße"). Nach kurviger Fahrt in Richtung Bad Grund erreichen wir nach ca. 2 km, wo der Zellbach in die Innerste mündet, das Areal der ehemaligen Bleihütte Clausthal. Von dem großen Gebäudekomplex auf der linken Straßenseite ist nichts mehr zu sehen. Nur zwei Verbotsschilder inmitten eines mit Bauschutt und Schlacke planierten Geländes erinnern heute an den ehemaligen Standort. Nach der Stilllegung der Hütte im Jahre 1967 wurden die Gebäude abgebrochen.
Nur langsam holt sich die Natur das mit Schwermetall kontaminierte Gelände zurück. Vereinzelt brechen kleine Birken und Nadelbäume als Pionierpflanzen durch Asphalt- und Fundamentreste. Andere Bereiche bleiben wohl dauerhaft ohne Bewuchs. Die an der Oberfläche liegenden Schlacke-Reste zeigen keine Mineralisationen.
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Abb.2 |
Nachdem die Umgebung der ehemaligen Bleihütte durch hohe Schwefeloxid-Emissionen beim Rösten sulfidischer Erze über Jahrhunderte stark geschädigt wurde, regeneriert sich die abgestorbene Vegetation sehr langsam. Nur kleine Bereiche sind mit Heidekrautgewächsen bedeckt, die während der Blütezeit wenigstens für einen schönen Anblick sorgen. Jetzt, im Frühjahr, ist von der Pracht nichts zu sehen. Vieles ist kahl, vertrocknet, abgestorben (vgl. Abb. 3 und 4).
Schon von weitem mahnen die kahlen Hänge zur Vorsicht und signalisieren "Komm' mir nicht zu nahe". Auch die Pochsand- und Pochschlämmehalden sind stark mit Schwermetallen, besonders mit den Elementen Arsen, Blei, Cadmium, Thallium, Zink u.a. kontaminiert; sie werden besonders bei Starkregenereignissen in das vorbeifließende Flüsschen Innerste gespült und sind noch in Bremerhaven nachweisbar. Weitere Informationen hier.
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Abb. 3: Pochsandhalden an der B 242 |
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Abb. 4 |
Leider werden nicht alle Anlagen des Oberharzer Wasserregals – z.B. hier die Abschnitte des "Haus Braunschweiger Grabens" und des "Oberen Hüttengrabens" - von den Harzwasserwerken gepflegt. Sie stehen zwar unter Schutz, werden aber dem stetigen Zerfall preisgegeben.
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Abb. 5: Reste des "Oberen Hüttengrabens"
zwischen Ambihaus und ehem. Clausthaler Bleihütte |
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Abb. 6: Verfüllter Graben (Verlauf von der Ecke rechts unten
in die Bildmitte nach oben) |
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Abb. 7: Fehlschlag zur Innerste. Links das Hauptgerinne mit
folgendem, unterirdischem Verlauf (für ca. 7 Meter); im Vordergrund rechts der
Stahlrahmen des Schiebers (oder Dammbalkens) |
Ca. 900 m weiter in Richtung Bad Grund sieht man links der Straße das kleine, aber auffällige Fördergerüst des Medingschachtes in Silbernaal (Abb. 8 bis 10).
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Abb. 8: Ehemalige Tagesanlagen am Medingschacht |
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Abb. 9: Kopf des Fördergerüstes |
Nach Durchschlag zweier Strecken zu den benachbarten Gruben und Abteufen des neuen Wiemannbucht Schacht verlagerten sich die Abbau- und Aufbereitungsaktivitäten zusehends nach Bad Grund im Westen. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der Medingschacht, benannt nach dem Berghauptmann und hannoverschen Minister F. A. von Meding (1765–1849), entbehrlich, da auch die Vorräte erschöpft waren. Der Schacht wurde ab 1967 verfüllt.
Erhalten bzw. sichtbar sind bis heute auch weitere, teilweise sehr alte Gebäude in unmittelbarer Nähe des stählernen Fördergerüstes. Die auf einem Privatgrundstück liegenden Tagesanlagen stehen weder unter Denkmalschutz noch werden sie aktiv museal-touristisch genutzt, so dass sie leider weiter zerfallen. Nur das auf der Straßenseite gegenüber liegende, ehemalige Silbernaaler Zechenhaus wird als Vereinshaus des "Kraftzwerg e.V." instandgehalten.
Die Fördermaschine steht heute im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum; sie war einst die erste elektrische Fördermaschine im Harzer Bergbau.
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Abb. 10: Bald mit Farbklecksen übersäht? |
Setzen sich die Investoren durch, dann ist davon auszugehen, dass der Zerfall der Tagesanlagen stark beschleunigt wird. Nutzen Sie also die Gelegenheit, diese schöne Relikte aus dem Oberharzer Bergbau noch ziemlich originär, wenn auch sehr marode, zu besichtigen.
Weitere Informationen finden Sie in der aktuell 3. Auflage des empfehlenswerten Buches "Historischer Bergbau im Harz. Kurzführer" von Wilfried Liessmann, im Springer-Verlag von 2010.
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